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17. Okt. 2022

Versechzehnfachung der Medienerlöse: Wie die Frauen-Bundesliga in neue finanzielle Sphären vorstößt

Erstmals in seiner Geschichte hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die nationalen audiovisuellen Medienrechte der Frauen-Bundesliga eigenständig vergeben. SPOBIS nennt die Hintergründe des Deals.

Die UEFA Women's EURO 2022 hat im vergangenen Sommer europaweit eine große Begeisterung für den Fußball der Frauen erzeugt. Fast 18 Millionen Zuschauer verfolgten das Finale zwischen England und Deutschland am 31. Juli live in der ARD. Mit riesiger Spannung wurde deshalb auch die Vergabe der nationalen audiovisuellen Medienrechte für die Flyeralarm Frauen-Bundesliga und den kommenden Rechtezyklus erwartet. Konnte der DFB die Euphorie um seine Frauen-Nationalmannschaft nutzen und in die Sphären der anderen europäischen Top-Ligen vorstoßen? SPOBIS beantwortet die wichtigsten Fragen zum neuen Medienrechtevertrag.

DFB

Der DFB ist mit Vergabe der nationalen audiovisuellen Medienrechte der Flyeralarm Frauen-Bundesliga für die Spielzeiten 2023/24 bis 2026/27 in neue Sphären vorgestoßen. So erlöst der Verband ab Sommer 2023 jährlich 5,17 Millionen Euro über die TV-Vermarktung der Liga. Das ist nicht weniger als eine Versechzehnfachung der Einnahmen im Vergleich zur aktuellen Rechteperiode. Hinzukommen potenzielle weitere Erlöse aus der internationalen Vermarktung.

Im internationalen Vergleich bewegt sich die Flyeralarm Frauen-Bundesliga damit künftig auf einem ähnlichen Niveau wie die spanische Finetwork Liga F, die mit der Vermarktung ihrer nationalen und internationalen TV-Rechte auf Einnahmen in Höhe von rund sieben Millionen Euro pro Saison kommt. Die Benchmark im europäischen Fußball der Frauen ist weiterhin die Barclays FA Women's Super League. Die englische Top-Liga erlöst dank ihres im März 2021 abgeschlossenen Medienrechtevertrags bis 2023/24 umgerechnet rund 11,6 Millionen Euro pro Jahr.

Die mediale Sichtbarkeit der Flyeralarm Frauen-Bundesliga nimmt ab Sommer 2023 synchron zu den Einnahmen deutlich zu. So werden in der neuen Rechteperiode mit Magenta Sport und Dazn erstmals zwei Anbieter aus dem Pay-Bereich parallel alle 132 Spiele der Liga live und in voller Länger übertragen. Darüber hinaus gibt es mit Sport1, ARD und ZDF sowie Sky drei weitere Sender, die sich für den Zyklus 2023/24 bis 2026/27 Rechte der Frauen-Bundesliga gesichert haben. Dadurch ergibt sich eine Free-TV-Präsenz von 32 Livebegegnungen pro Saison.

TV-Partner

Magenta Sport und Dazn

Magenta Sport zeigt weiterhin alle 132 Spiele der Flyeralarm Frauen-Bundesliga live und in voller Länge. „Jetzt können wir beide Ligen gemeinsam mit unserem Partner langfristig weiterentwickeln und die Attraktivität durch intensive Bewerbung, umfangreiche redaktionelle Berichterstattung und wachsende Reichweiten weiter steigern“, gibt Arnim Butzen, verantwortlich für das TV-Geschäft der Telekom in Deutschland, die Ziele nach der Verlängerung der DFB-Partnerschaft aus. Neu ist dabei die Konstellation, dass mit Dazn ein weiterer Anbieter die komplette Flyeralarm Frauen-Bundesliga im Pay-Bereich überträgt. Die Streamingplattform ist bereits seit der vergangenen Saison 2021/22 die Heimat der UEFA Women's Champions League in Deutschland. Zur laufenden Spielzeit 2022/23 hat Dazn zudem die spanische Liga F und die französische Division 1 Féminine neu in ihr Angebot mit aufgenommen. 

Sky

Ebenfalls verstärkt auf den Fußball der Frauen setzt auch Sky. Der Pay-TV-Anbieter hat sich das Rechtepaket E gesichert, das kompakte Highlights aller 132 Spiele der Flyeralarm Frauen-Bundesliga beinhaltet. Zuvor hatte Sky bereits im März 2022 die Live-Übertragungsrechte am DFB-Pokal der Frauen bis einschließlich 2025/26 erworben. Darüber hinaus umfasst das Portfolio des Unterföhringer Medienunternehmens seit Sommer 2022 auch Live-Rechte der Barclays FA Women's Super League.

Sport1

Neu eingestiegen ist neben Dazn und Sky auch Sport1. Insgesamt 22 Livespiele pro Saison wird der Sportsender ab Sommer 2023 am Montagabend im Free-TV und auf den Digitalkanälen seiner Multichannel-Sportplattform zeigen. Bei der Auswahl der Partien besitzt Sport1 zwölf Mal pro Saison das erste und zehn Mal pro Spielzeit das zweite Auswahlrecht bei seinem Topspiel der Woche. Darüber hinaus beinhaltet das erworbene Rechtepaket auch Highlight-Rechte an den 22 Begegnungen sowie weitere Highlight- und Archiv-Rechte an sämtlichen Spielen der Frauen-Bundesliga. Des Weiteren plant Sport1 die zwölf Frauen-Bundesligisten an den Spieltagen und die ganze Woche über mit einer Rundumberichterstattung auf sämtlichen Sport1-Plattformen zu begleiten.

Sport1 tritt damit die Nachfolge von Eurosport an. Der Spartensender von Warner Bros. Discovery überträgt aktuell noch jeweils das Freitagabendspiel der Flyeralarm Frauen-Bundesliga im Free-TV. Die kumulierte Reichweite von Eurosport lag dabei zuletzt bei 2,9 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern in der Saison 2020/21. Senderübergreifend verfolgten im Durchschnitt 150 000 Menschen die 22 Livespiele. Den Bestwert markierte das Topspiel zwischen dem FC Bayern München und dem VfL Wolfsburg, welches von 550 000 TV-Zuschauern im BR und NDR verfolgt wurde. Dieser Rekord wurde in der laufenden Spielzeit 2022/23 bereits am zweiten Spieltag pulverisiert. So erzielte die ARD mit der Übertragung des Bundesligaspiels zwischen der TSG Hoffenheim und dem VfL Wolfsburg eine Reichweite von 1,45 Millionen Menschen.

Öffentlich-Rechtliche

Weitere Free-TV-Präsenz erhält die Flyeralarm Frauen-Bundesliga künftig auch in der ARD und beim ZDF. Die beiden öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten werden im neuen Rechtezyklus zehn Spiele pro Saison im frei empfangbaren Fernsehen übertragen. Darüber hinaus können ARD und ZDF ihren Zuschauerinnen und Zuschauern dank des erworbenen Rechtepakets Highlights aller Spiele anbieten.

Parallel zum Erwerb der zehn Livespiele der Flyeralarm Frauen-Bundesliga haben sich ARD und ZDF auch die Medienrechte für die Qualifikations- und Freundschaftsländerspiele der DFB-Frauen gesichert. Die Vereinbarung umfasst sowohl die Heim- als auch die Auswärtsspiele des Teams von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. Dabei ist vorgesehen, mindestens zwei Begegnungen pro Jahr abends in der Primetime zu zeigen. Die weiteren Spiele sollen frühstens um 18 Uhr angepfiffen werden.

Der DFB macht mit dieser Aufstellung von verschiedenen Medienpartnern einen großen Schritt zum Ziel, die mediale Reichweite des Frauenfußballs bis 2027 über alle Plattformen hinweg zu verdoppeln. Eine vergleichbare flächendeckende Berichterstattung sowohl im Pay-Bereich als auch im Free-TV kann – mit Ausnahme der Fußball-Bundesliga der Männer – keine andere Profiliga im deutschen Profisport vorzeigen.

Clubs

Der durchschnittliche Ertrag der zwölf Clubs der Flyeralarm Frauen-Bundesliga aus der medialen Verwertung lag zuletzt bei 154 000 Euro in der Saison 2020/21, nach zuvor 89 000 in der Spielzeit 2019/20. „Für uns ergeben sich durch die erhöhte Zahl an attraktiven TV-Partnern viele neue Möglichkeiten der Vermarktung und damit auch eine größere wirtschaftliche Stabilität für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Vereine im europäischen Vergleich“, spricht Siggi Dietrich, Generalbevollmächtigter der Eintracht Frankfurt, über die Bedeutung des neuen Medienrechtevertrags. Über die Ausschüttung des Netto-Erlöses an die Clubs wird der Ausschuss Frauen-Bundesligen noch beraten und einen Vorschlag an die DFB-Gremien unterbreiten.

Spielplan: Montagsspiel als Alleinstellungsmerkmal

Die Flyeralarm Frauen-Bundesliga geht genau den entgegengesetzten Weg zur 3. Liga, was den Spieltagsplan betrifft. So erstreckt sich das neue Ansetzungsformat ab Sommer 2023 über vier statt drei Tage. Ein Spiel wird am Freitagabend ausgetragen, jeweils zwei Partien folgen am Samstag und Sonntag. Neu hinzu kommt das Spiel am Montagabend zur Primetime. Die Partien des letzten Spieltages jeder Saison werden in der Frauen-Bundesliga zeitgleich am Sonntag ausgetragen.

Foto: picture alliance / foto2press | Oliver Zimmermann

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